Joint Venture für rasche Brennstoffzellenentwicklung

SERIEN-PRODUKTION VON BRENNSTOFFZELLEN FORCIEREN Die Daimler Truck AG und die Volvo Group teilen die Vision des "Green Deal", eines nachhaltigen Transports und CO2-neutralen Europas bis zum Jahr 2050. Die Unternehmen haben heute mitgeteilt, dass sie dazu eine vorläufige, nicht bindende Vereinbarung zur Gründung eines neuen Joint Ventures unterzeichnet haben. Ziel ist die serienreife Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Brennstoffzellensystemen für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen und anderen Anwendungsfeldern.

Hinter den Kulissen der Brennstoffzellen-Mobilität
Daimler-Montagelinie für eine Brennstoffzellen-Antriebseinheit in Kirchheim-Nabern (D). Der Standort soll ins Joint Venture integriert und zugleich das HQ des neuen Betriebes werden.

Die Daimler Truck AG und die Volvo Group werden zu je 50 Prozent am Joint Venture beteiligt sein, welches als unabhängige und selbständige Einheit agieren wird. Die beiden Firmen werden in allen anderen Geschäftsfeldern weiterhin Wettbewerber bleiben. Die Bündelung der Kräfte wird die Entwicklungskosten für beide Unternehmen senken und die Markteinführung von Brennstoffzellensystemen beschleunigen. Im Kontext des gegenwärtigen wirtschaftlichen Abschwungs ist eine Zusammenarbeit noch notwendiger geworden, um die Ziele des Green Deal in einem realistischen Zeitrahmen zu erreichen. Das gemeinsame Ziel ist, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts schwere Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge für den anspruchsvollen und schweren Fernverkehr in Serie anzubieten, erste Vorserienfahrzeuge werden gemäss Daimler ab 2024/2025 auf der Strasse erwartet. Darüber hinaus befasst sich das Joint Venture auch mit anderen Anwendungsfällen, wie Stromgeneratoren mit Brennstoffzelle.

Kräfte Bündeln “Transport und Logistik halten die Welt am Laufen, gleichzeitig wächst der Transportbedarf weiter“, erklärt Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG. „Ein wirklich CO2-neutraler Transport wird nur durch einen elektrischen Antriebsstrang erreicht werden, wobei die Energie aus zwei Quellen kommen kann: entweder aus Batterien oder durch die Umwandlung von Wasserstoff in Elektrizität an Bord des Fahrzeugs.“ Für den LKW-Einsatz im schweren Fernverkehr seien Brennstoffzellen eine entscheidende Lösung. Bei dieser Technologie habe Daimler in den letzten zwei Jahrzehnten mit der Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH bereits bedeutendes Know-how aufgebaut. „Die Partnerschaft mit der Volvo Group ist ein Meilenstein, um brennstoffzellenbetriebene Lastwagen und Busse nun auf unsere Strassen zu bringen“, sagt Daum.

Martin Daum/Martin Lundstedt
Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG (links) mit Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Group

„Die Elektrifizierung des Strassengüterverkehrs ist ein Schlüsselelement für die Umsetzung des sogenannten Green Deal, für ein CO2-neutrales Europa und letztendlich für eine CO2-neutrale Welt“, sagt Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Group. „Die Nutzung von Wasserstoff als Träger von Ökostrom zum Antrieb von Elektro-Lastwagen im Fernverkehr ist eine hervorragende Ergänzung zu batterieelektrischen Fahrzeugen und erneuerbaren Treibstoffen.“ Die Erfahrung beider Unternehmen auf diesem Gebiet werde die Entwicklung beschleunigen. „Dies ist sowohl für unsere Kunden als auch für die Gesellschaft von Vorteil.“ Mit der Gründung dieses Joint Ventures zeigten Volvo Group und Daimler Truck deutlich, dass sie an die mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzelle für Nutzfahrzeuge glaubten. „Damit diese Vision jedoch Wirklichkeit werden kann, müssen auch andere Unternehmen und Institutionen diese Entwicklung unterstützen, nicht zuletzt, um die erforderliche Treibstoffinfrastruktur aufzubauen“, so Martin Lundstedt.

Offen für andere Player Die Volvo Group wird 50 Prozent des Joint Ventures für die Summe von etwa 600 Millionen Euro auf einer barmittel- und schuldenfreien Basis erwerben. Um das Joint Venture zu ermöglichen, bündelt Daimler Trucks alle konzernweiten Brennstoffzellen-Aktivitäten in einer neuen Brennstoffzellen-Einheit, inklusive der Personenwagen-Sparte. Dazu gehört die Zuordnung der Aktivitäten der Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH zur Daimler Truck AG. Die Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH verfügt über langjährige Erfahrung in der Entwicklung von Brennstoffzellen- und Wasserstoffspeichersystemen für verschiedene Fahrzeuge. Das Joint Venture umfasst Standorte in Nabern/Deutschland (derzeit Hauptsitz der Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH) sowie weitere Produktionsstätten in Deutschland und Kanada, wobei das Headquarter in Nabern sein soll.

Das Joint Venture wird sich auf die Brennstoffzelle fokussieren, Infrastruktur und Wasserstoffherstellung sehen die beiden Partner nicht als Teil ihrer Aufgabe an. „Dafür müssen sich andere Player engagieren“, meinten Daum und Lundstedt. Das Joint Venture soll natürlich in erster Linie die beiden Share Holder mit Brennstoffzellen für ihre Nutzfahrzeuge versorgen. „Aber nicht nur“, wie Martin Daum präzisiert. Die Technologie werde für andere Player offen sein. Es sei auch ein denkbares Ansinnen, dereinst die ganze Industrie mit Brennstoffzellen zu versorgen.

Die unterzeichnete vorläufige Vereinbarung ist nicht bindend. Eine endgültige Vereinbarung wird bis zum 3. Quartal erwartet und soll noch vor Jahresende 2020 abgeschlossen werden. Alle potenziellen Transaktionen unterliegen der Prüfung und Genehmigung durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden.

Hinter den Kulissen der Brennstoffzelle
Sandwich-Bauweise: In der Mitte befindet sich eine dünne Kunststofffolie. Sie ist auf beiden Seiten mit einer dünnen Katalysatorschicht und einer gasdurchlässigen Elektrode beschichtet.

Technik kurz erklärt Eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle wandelt die chemische Energie des Brennstoffs, in diesem Fall Wasserstoff, und den Sauerstoff aus der Luft in Elektrizität um. Diese Elektrizität betreibt die Elektromotoren des Elektrofahrzeugs. Dabei gibt es zwei Methoden zur Herstellung des benötigten Wasserstoffs. Beim so genannt grünen Wasserstoff wird mit Strom Wasser in Wasserstoff gewandelt. Diese Wasserstoffgewinnung wird in der Schweiz aktuell aufgebaut und die erste kommerzielle Fabrikation hat ihren Betrieb beim Wasserkraftwerk in Gösgen aufgenommen. Blauer Wasserstoff wiederum basiert auf Erdgas, wobei die Technologie der Kohlenstoffabscheidung zum Zug kommt, um den kohlenstoffneutralen Brennstoff H2 zu erzeugen.

Die PEM-Brennstoffzelle ist wie ein Sandwich aufgebaut. In der Mitte befindet sich eine dünne Kunststofffolie, die „Protonen-Austausch-Membran“ oder PEM (Proton Exchange Membrane). Diese Membran ist auf beiden Seiten mit einer dünnen Katalysatorschicht und einer gasdurchlässigen Elektrode beschichtet. Umgeben ist die Membran von zwei so genannten Bipolarplatten, in die Gaskanäle eingefräst sind. Durch die Gaskanäle strömt auf der einen Seite Wasserstoff und auf der anderen Seite Sauerstoff. Viele dieser einzelnen hintereinander geschalteten Brennstoffzellen ergeben einen Brennstoffzellen-Stapel (Stack), der zu einer leistungsfähigen Energiequelle wird, die das Fahrzeug antreibt.

Visited 6 times, 1 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema