Krummen Kerzers fährt Rekord mit Volvo E-LKW
LÄNGSTE KOMMERZIELLE FAHRT REIN ELEKTRISCH Sichtlich erleichtert steigt Balint Schnell in Zürich aus seinem E-LKW und öffnet die Hecktüren seines 40-Tönners. 20 Tonnen Orangen, über 3000 Kilometer transportiert, ohne einen Liter Diesel. Das hat bisher noch keiner gewagt.
Die Rekordfahrt Schweiz-Valencia und zurück ist geglückt: In Zürich empfangen Boris Jost, Inhaber und Geschäftsführer von Casa del Mas, sowie Peter Krummen, Co-Geschäftsführer von Krummen Kerzers, erfreut den Volvo FH Electric.
«Die Fahrt nach Spanien setzt neue Massstäbe. Wir sind zuversichtlich, dass E-Trucks auf Langstrecken in einigen Jahren zum Alltag gehören», ist sich Peter Krummen sicher.
Die Früchte exakter Planung und beispielloser Partnerschaft
Die Casa del Mas transportiert ihre Zitrusfrüchte aus nachhaltigem Anbau seit Jahren mit Krummen Kerzers. «Nebst dem biologischen Anbau unserer Früchte ist uns der nachhaltige Transport in die Schweiz ein wichtiges Anliegen. Es freut uns deshalb besonders, dass der Test mit dem Volvo E-LKW geglückt ist», so Boris Jost von Casa del Mas.
Einen solcher Rekordversuch unter realen Bedingungen durchführen zu können, erfordert nicht nur präzise Planung, sondern auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Kundin und Transportunternehmen.
Von der Schnapsidee zur Rekordfahrt
Wie viele gute Ideen ist auch die Rekordfahrt aus Jux entstanden. Doch kaum steht das Ziel im Raum, ist der Ehrgeiz bei Krummen Kerzers hellwach. Unzählige Recherchen auf Google Maps ergeben, dass eine Fahrt von Kerzers bis Barcelona grundsätzlich machbar ist, hingegen die letzten 450 Kilometer bis nach Canals schwierig werden, weil nur wenige Ladestationen zur Verfügungen stehen, welche zudem mit dem LKW schwer anzufahren sind.
Spanische Berufskollegen, die um Tipps gebeten werden, erteilen der Idee eine klare Absage, «imposible» sei das Vorhaben. Man würde schon mal Dieselzugmaschinen bereithalten, um den Kollegen aus der Schweiz dann auszuhelfen, wenn der E-Truck stehen bleibt…
Erfolgsfaktor Mensch
Ladegeschwindigkeit, Verfügbarkeit der Ladesäulen und Batteriekapazitäten beeinflussen eine solche Rekordfahrt zweifelsohne. Doch im Vorfeld steht die Suche nach dem geeigneten Fahrer oder der Fahrerin im Zentrum. Wer behält die Nerven, wenn die angefahrene Ladesäule nicht funktioniert? Verbrauch kontrollieren, Topografie, Gegenwind und Ruhezeiten beachten, sich bei Helpdesks von Ionity durchfragen und zum Schluss die Fahrt auch noch etwas geniessen: Alle diese Anforderungen muss ein geeigneter Fahrer erfüllen.
Balint Schnell, seit fünf Jahren bei der Firma Krummen Kerzers, ist ein mutiger Typ: Zuvor ist er noch nie mit einem E-LKW gefahren und noch nie in Spanien. Dennoch eindeutig der Mann für die Mission: Balint Schnell hat sich in kürzester Zeit mit dem Fahrzeug vertraut gemacht, die Route detailliert studiert und während der Fahrt vorausschauend geplant.
Ein Hingucker
Wirklich nervös wird der Chauffeur auf der Fahrt nur einmal kurz vor dem Ziel, als er den letzten Ladepunkt nur noch mit wenigen Prozent Ladung erreicht und im Cockpit nichts mehr funktioniert. Sonst hat er vor allem positive und wertvolle Erfahrungen gesammelt. «In Spanien haben die Autofahrer eine Hauptstrasse blockiert, weil sie ausgestiegen sind, um sich den E-LKW anzuschauen», erinnert sich Balint Schnell. Lachend erzählt er, wie ein Italiener auf einer Raststäte Parfüme gegen Diesel tauschen wollte und er ihm erst das Ladekabel zeigen musste, bis dieser den Tauschversuch aufgab.
Wird aus dem Rekordversuch bald Alltag?
Die Fahrt nach Spanien hat einen Tag länger gedauert als mit einem Diesel-LKW, die Treibstoffkosten sind höher und die Disposition intensiver. Peter Krummen hat die Fahrt selbst disponiert und das Verhalten des Fahrzeuges im Hintergrund permanent überwacht.
Dennoch: die Weichen sind gestellt. Mit dem Ausbau der E-Ladestationen auf europäischen Autobahnen und den Fortschritten in der Batterietechnologie werden E-LKW auch im Fernverkehr eine wichtige Rolle spielen. «Rekord hin oder her: Entscheidend für uns ist die Tatsache, dass mit dieser Fahrt wichtige Erkenntnisse zum Einsatz von E-LKW im Langstreckenverkehr gewonnen wurden und knapp 3 Tonnen CO2 eingespart wurden», so Peter Krummen.