PXP: Hydrostatischer Antrieb für die Baubranche
DAF TRUCKS Für seine Baureihen CF und XF bietet DAF neu einen hydrostatischen Vorderradantrieb an. Der zuschaltbare Antrieb entstand in Zusammenarbeit mit dem niederbayrischen Spezialisten Paul Nutzfahrzeuge. Entsprechend nennt DAF das System PXP, für «Paul Xtra Power».
Nicht immer ist ein vollwertiger Allradantrieb nötig. Kurzzeitige Abstecher ins Gelände von Kiesgruben, Steinbrüchen oder Deponien mit unbefestigtem oder schneebedecktem Untergrund oder starken Steigungen lassen sich oftmals auch mit einem zuschaltbaren hydrostatischen Vorderradantrieb bewältigen. Einen solchen hat DAF jetzt erstmals in Eigenregie mit Paul Nutzfahrzeuge in Vilshofen (D) entwickelt und bietet ihn für seine CF- und XF-Sattelzugmaschinen an. Die PXP (Paul Xtra Power) genannte Anfahrhilfe schafft eine leistungsfähige Kombination aus Geländegängigkeit und Strassentauglichkeit. Das System arbeitet mit hydraulischen Radnabenmotoren von Poclain, liefert bis Tempo 20 maximal 12 800 Nm zusätzliche Zugkraft an den Vorderrädern und lässt sich über einen Schalter im Armaturenbrett zu- und abschalten.
Nur ein Hydraulikkreis DAF war bestrebt, bei hoher Kraftentfaltung (bis zu 6435 Nm pro Rad) einen geringen Systemdruck zu realisieren. Denn ein niedriger Arbeitsdruck verringert die Belastung von Bauteilen wie Dichtringen oder Hydraulikschläuchen, verringert den Verschleiss und erhöht die Standfestigkeit. Deshalb wurde der grösste Hydraulikmotor im Markt gewählt. Dieser verfügt über ein Hubvolumen von 1248 cm3, woraus ein Systemdruck von maximal nur 360 bar resultiert.
Auch setzt DAF mit Paul Xtra Power als Einziger im Markt auf einen offenen Hydraulikkreis mit einer direkt am Motor-Nebenantrieb angeflanschten Load-Sensing-Hydraulikpumpe. Das erspart eine separate Hydraulikanlage, falls aufgebaute Geräte wie Kräne, Abroller oder Absetzkipper hydraulisch betrieben werden müssen. Durch den platz- und gewichtssparenden Direktanschluss der LS-Pumpe am Motor gibt es bei Schaltvorgängen keine Zugkraftunterbrechung an den Vorderrädern und es gibt auch keine lärmerzeugende Antriebswelle.
Das System umfasst neben den Poclain-Radmotoren und der LS-Hydraulikpumpe einen Ölvorratsbehälter, einen Ölkühler mit Lüfter und einen Steuerblock für die Hydraulikventile. Alles ist im kompakten Modul (800 × 800 × 600 mm) am rechten Fahrzeugrahmen vor der Hinterachse untergebracht, nur die Steuereinheit mit der Paul-Software befindet sich im Elektrikfach in der Kabine, wo sie mit dem CAN-Bus des DAF verbunden ist. Das Mehrgewicht für den PXP inklusive 55 Liter Hydrauliköl beträgt lediglich 540 kg.
Automatische PXP-Aktivierung bei Schlupf Benötigt der Fahrer den zusätzlichen Antrieb der Vorderräder, drückt er im Cockpit den PXP-Schalter. Damit aktiviert er den hydraulischen Radantrieb und im Zentraldisplay zeigt eine gelb blinkende Leuchte den Stand-by-Modus an; im Schalter leuchtet die grüne Kontrollleuchte (Bild links unten). Erkennt das Fahrzeug beim Druck aufs Gaspedal leichten Schlupf an der Hinterachse, starten die in den Radnaben der Vorderräder integrierten Hydraulikmotoren automatisch ihre Arbeit und leisten ihre erhoffte Unterstützung. Gleichzeitig leuchtet das gelbe Piktogramm in der Anzeige dauerhaft und signalisiert dem Fahrer den aktiven PXP-Eingriff.
Das PXP-System kann bei Vorwärtsfahrt in den ersten vier Gängen sowie im ersten und zweiten Rückwärtsgang genutzt werden. Bei Fahrzeugen mit dem MX-13-Motor arbeitet PXP mit Motordrehzahlen bis 1750/min. Ab einer Geschwindigkeit über 20 km/h sowie ab dem fünften Gang schaltet PXP automatisch auf Stand-by. Sobald das Tempo wieder unter 20 km/h sinkt oder das Getriebe bis in den vierten Gang zurückschaltet, meldet sich PXP zurück und schreitet selbsttätig erneut zur Tat. Das System kann im automatisierten und manuellen Schaltmodus des Getriebes genutzt werden, wobei manuell in der Praxis auch der bevorzugte Einsatz ist. Erst wenn der Fahrer per Tastendruck im Armaturenbrett den PXP-Antrieb abschaltet, deaktivieren sich die Radialkolbenmotoren in den Radnaben komplett und wechseln in den Freilauf. So treten kaum Schleppverluste auf, was den Dieselverbrauch auf den längeren Transportstrecken deutlich minimiert.
Einbau bei Paul Der hydrostatische Vorderachsantrieb eignet sich derzeit für die DAF-FT-4×2-Sattelzugmaschinen mit 430 bis 530 PS. Weitere Achskonfigurationen und Fahrgestellvarianten folgen noch in diesem Jahr. Voraussetzung für den Zusatzantrieb sind Motor-PTO auf 13-Uhr-Position, automatisiertes Traxon-Getriebe, verstärkter Vorderachskörper mit Parabelfederung sowie mindestens 900 mm Bauraum seitlich rechts am Rahmen fürs Komponentenmodul. Das PXP-System wird bei Paul Nutzfahrzeuge in Vilshofen eingebaut, nachdem der LKW im Werk nach Kundenspezifikation produziert wurde; die Umbauzeit bei Paul beträgt etwa zehn Tage. Um alle Hauptkomponenten im vorhandenen Bauraum unterzubringen, musste Paul den Radkopf der Vorderachse komplett neu konstruieren, mit stabileren Radlagern, neuen Radnaben und geänderten Achsschenkeln mit entsprechenden Ölkanälen. Die Vorderachslast beträgt mit PXP acht Tonnen.
Für einen problemlosen Austausch der Rohre, Schläuche, Verbindungen und Kupplungen für die Hydraulikanlage wurde beim PXP auf Standardkomponenten zurückgegriffen. Das hat auch den Vorteil, dass jede DAF-Werkstatt in der Lage ist, das System zu warten und Schäden schnell zu reparieren. Spezialwerkzeug ist dazu nicht nötig. Alle Hydraulikleitungen und -schläuche befinden sich solide verlegt und stosssicher unter der rechten Rahmenseite.