Veränderung als Chance für alternative Antriebe
KOMMENTAR Alternative Antriebe haben sich zum Dauerbrenner entwickelt. Die Frage nach dem «richtigen» System bleibt dabei teilweise offen, wenngleich Zukunftsforscher und Industrie vom bevorstehenden Durchbruch der E-Mobilität sprechen.
Grundsätzlich einig ist man sich auch in der Transportindustrie, dass mittel- und langfristig die Elektrifizierung des Antriebs der Schlüssel zu einer emissionsfreien Mobilität sein wird. Dabei spielen die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle, wie beispielsweise die Vorgaben der EU, die von 2005 bis 2030 eine Reduktion des CO2-Ausstosses um 30 Prozent vorschreibt. Der Zukunftsforscher Lars Thomsen, der sich unter anderem intensiv mit dem Thema „Alternative Antriebe“ auseinandersetzt, ist überzeugt, dass die Elektromobilität unmittelbar vor dem Durchbruch steht.
PW und LKW wenig vergleichbar Mit Blick auf die vielen bevorstehenden Fahrzeuglancierungen bei den Personenwagen und die Anstrengungen bezüglich der Infrastruktur sollte man diese Prognose ernst nehmen, zumindest im PW-Sektor. Komplizierter ist die Situation beim LKW. «Der Personenwagen steht mehrheitlich, der Lastwagen aber muss fahren», bringt Felix Kybart, Leiter Alternative Antriebe bei MAN, den Unterschied auf den Punkt. Zudem sind die Einsatzarten in der Transportbranche ungemein vielfältig, umfassen Kurzstrecken-Verteilerverkehr von Gütern und Personen, aber auch die Langstrecke. Entsprechend wird es noch lange Jahre kein Allheilmittel geben, vielmehr ein effizientes Nebeneinander unterschiedlicher Systeme.
Das zeichnet sich auch in verschiedenen Lösungsansätzen ab. Bevor der Elektroantrieb beim Lastwagen eine weite Verbreitung erhält, wird Erdgas zumindest eine Zwischenstufe darstellen, da je nach Herkunft des Gases eine CO2-Reduktion zwischen 30 und 100 Prozent geboten wird. Die neusten Entwicklungen machen Leistung und Drehmomentverlauf nun vergleichbar mit dem bewährten Diesel, und dank der Energiedichte von tiefgefrorenem Flüssiggas LNG sind Reichweiten von über 1000 km kein Problem.
Der Elektroantrieb jedoch gewinnt auch im Transportsektor schon heute zunehmend an Bedeutung, denn für städtische Bereiche lassen sich heute elektrische Antriebe bereits vorzüglich nutzen. Dazu sind auch mehrere Schweizer Anbieter mit Umbauten bestehender Fahrzeuge sehr aktiv, oder Grosshersteller, wie die japanische Daimler-Tochter Fuso, die mit dem E-Canter den ersten Serien-LKW mit Elektroantrieb lanciert hat. Auf Busseite ist MAN erwähnenswert, denn der Hersteller startet mit dem Stadtbus in die Elektrowelle und liefert bereits heute jeden fünften Stadtbus nicht mehr mit Dieselantrieb aus. Und die Elektrifizierung wird auch die Zulieferindustrie auf den Kopf stellen, denn Achsen werden zu integrierten Antriebssystemen, wie dies der Achsen- und Bremsenhersteller Meritor anlässlich der Solutrans beispielhaft ausführte.
Partnerschaft Doch die Elektrifizierung macht nicht beim Fahrzeug halt, sondern verlangt nach einem eigenen, neuen Ecosystem. «Dieses Ecosystem muss in Partnerschaft mit Kunden, Technologiefirmen und politischen Verantwortlichen von Ländern und Städten erfolgen», sagt Marc Llistosella, Präsident von Fuso Trucks & Bus, anlässlich der europäischen Lancierung des Fuso E-Canter. Dieser bietet übrigens 100 km Reichweite und über vier Tonnen Nutzlast. Wie wichtig im städtischen Bereich die Reichweite künftig sein wird, wagt E-Canter-Projektleiter Lars Schröter jedoch infrage zu stellen. «Ich sehe das Netz der Schnellladestationen als Schlüssel für die Zukunft. Es könnte durchaus sein, dass künftig städtische LKW nur 50 km Reichweite haben, dafür aber preiswerter sind und dank gutem Ladenetz gleichwohl uneingeschränkt unterwegs sein können.»
An Innovationen wird es auf dem Weg zur emissionsfreien Mobilität sicherlich nicht mangeln. Doch um es mit den Worten von Lars Thomsen auszudrücken: «Innovation hat nur dann eine Chance, wenn sie besser, effizienter ist als die heutige Technik. Und die Elektromobilität hat genau das zu bieten.»
Siehe auch:
Mercedes-Benz Citaro Hybrid
Volkswagen E-Crafter
Mercedes-Benz eVito
Projekt EcoChamps