XF480: Viele Finessen, die sich aber auch ausbezahlen

FAHRBERICHT Seine XF- und CF-Reihe hatte DAF in vielen Details gründlich überarbeitet und damit zuletzt eine Verbrauchs­reduktion um satte sieben Prozent herausgeholt. Auf unsere Teststrecke nahmen wir den 483 PS starken XF480 als voll ausgelasteten 40-Tonnen-Sattelzug und kamen mit ihm auf ansprechende Resultate.

DAF XF480 Fahrbericht TIR transNews
Der geprüfte DAF XF480 hatte für einen objektiven Vergleich insofern schlechte Karten, als dass es die meiste Zeit der Testfahrt stark regnete.

Es ist die Summe der Verbesserungen, die DAF beim grossen XF und beim mittleren CF zur siebenprozentigen Verbrauchsreduktion verhalf. Durch unterschiedliche Massnahmen schafften es die Niederländer, dass der verringerte Treibstoffverbrauch nicht nur auf den Langstreckenversionen und Sattelzugmaschinen möglich wurde, sondern auch auf den Branchenlösungen für Baustelle und Kommunaleinsatz.

Allen gemein sind DAFs Bemühungen, in den Antriebssträngen ein Downspeeding zu erzielen, das wie im getesteten Sattelzug XF480 eine Dauerdrehzahl bei der Cruisingspeed von effizienten 1000 U/min ermöglicht; die übliche Standarddrehzahl liegt hier normalerweise bei 1100 bis 1200 U/min. Die massiv überarbeiteten MX-11- und MX-13-Motoren bieten mehr Leistung und ein höheres Drehmoment, Letzteres bei deutlich niedriger Nenndrehzahl. Der 12,9 Liter grosse Reihensechszylinder MX-13 «unseres» XF480 leistet 355 kW (483 PS) bei 1600 U/min und stemmt 2350 Nm bereits bei 900 U/min auf die Kurbelwelle. Dank sogenanntem Multitorque wird das maximale Drehmoment im obersten Gang nochmals um 150 Nm auf 2500 Nm angehoben, was dafür sorgt, dass der LKW länger im höchsten Gang gefahren werden kann.

Eine weitere Neuerung ist die massiv reduzierte Baugrösse der Abgasnachbehandlung, die um 40 Prozent geschrumpft ist und zugleich rund 50 kg weniger auf die Waage bringt. Das schafft zusätzlichen Montageraum im Fahrgestell und erhöht die Nutzlast. Dank weiterer konstruktiver Massnahmen zur Gewichtsreduktion konnte die Nutzlast beim Zugfahrzeug mit 4×2-Konfiguration gesamthaft um mindestens 100 kg gesteigert werden. Dazu kommen diverse weitere Verbesserungen. Eine davon ist das anerkanntermassen effiziente Traxon-Getriebe von ZF, das mit schnelleren und weicheren Gangwechseln überzeugt. Andere Verbesserungen sind die neuen, reibungs- und verschleissärmeren Antriebsachsen, verbesserte Aerodynamik sowie neue Steuerungssoftware für Predictive Cruise Control PCC und diverse Elektronikeinheiten.

Tiefe Drehzahlen Nach wenigen Minuten auf der Strecke erreicht der XF480 nach einer anfänglichen Steigung die Reisegeschwindigkeit, die wir bei allen Testkandidaten per Tempomat auf 84 km/h festlegen. Mit einer Achsübersetzung von 2,21 und dem auf 1:1 ausgelegten zwölften Gang rotiert die Kurbelwelle des grossvolumigen Sechszylinders bei der angestrebten Drehzahl von 1000 U/min. Dabei wirkt der Turbodiesel selbst unter hoher Last nicht sonderlich angestrengt und verfrühtes Zurückschalten des rasch agierenden Traxon ist nicht feststellbar.

Verbessert wurde das Zusammenspiel der verschiedenen Antriebssteuerungen, was unter anderem ein erweitertes Nutzspektrum von Ecoroll ermöglicht. Dann erkennt der PCC früher das Potenzial der Topografie und sorgt für eine längere Ecoroll-Phase, indem die kinetische Energie das Fahrzeug über eine weitere Strecke mit neutraler Gangstellung über die Kuppe schiebt.

Über die 165 km lange Teststrecke durch Teile der Dreiseen-Gemüsekammer und durch die vorderen Bergzüge der Jura-Kette können wir die Funktionalität unter unterschiedlichen Vorzeichen erproben. Auf der steilen Rampe am östlichen Eingang von Biel, wo die Transjuranne in die Hügelkette hochsteigt, zeigte sich der Unterschied von aktivem und deaktiviertem Eco-Modus. In beiden Fällen schaltete der XF480 bis in den achten Gang hinunter, wurde in Eco bis 39 km/h langsam, während er in Power drei km/h weniger stark «zusammenfiel» (42 km/h). Die Auswirkungen auf den Verbrauch lassen sich dabei aber nicht deutlich feststellen, da der Streckenabschnitt dafür zu kurz ist. In kommenden Tests werden wir diesen Aspekt auf einem mehr im Jura befindlichen und zugleich längeren Transjuranne-Abschnitt künftig besser ergründen können.

Erfolgreich trotz Regen Betriebsbremse und verschleissfreie Verzögerungshilfen arbeiten im XF480 in gewohnter Perfektion zusammen, mit dreistufiger Einsatzstärke. Die unter DAF-Retarder zusammengefassten Systeme bestehen aus der MX-Motorbremse, die eine hydraulisch gesteuerte Kompressionsbremse und die Abgasstaudruckbremse umfasst und für niedrige Motordrehzahlen ausgelegt ist. Im Getriebe integriert ist der hydrodynamische ZF-Intarder, der in höheren Touren seine Stärken ausspielt. Letzterer bietet bis zu 500 kW und 4000 Nm Bremskraft (reduziert sich bei sehr hoher Motortemperatur). Die MX-­Motor­bremse bringt weitere 360 kW und 1800 Nm Bremskraft ins Spiel.

Erschwerend für Verbrauchsvergleiche ist die Tatsache, dass im Test nach kurzer Fahrzeit teilweise starker Regen einsetzte. Dieser trieb nicht nur den Verbrauch in die Höhe, sondern wirkte sich auch auf die Geschwindigkeit aus. Um die Gefahr von Aquaplaning zu minimieren, mussten wir das Tempo an mehreren Stellen länger reduzieren, wobei wir mit dem erzielten durchschnittlichen Tempo von 58,6 km/h zufrieden sind. Wir gehen davon aus, dass der «Trockenwert» beinahe an einem 60-km/h-Durchschnitt kratzen würde.

Der Durchschnittsverbrauch lag auf der Testrunde bei 36,9 Litern Diesel und damit nur zwei Deziliter über dem Wert des zwei Jahre zuvor unter idealen Bedingungen getesteten, knapp 30 PS stärkeren DAF XF510 der früheren Generation. So gesehen können wir DAF eine gelungene Umsetzung der Massnahmen attestieren. Zu ihnen gehören auch aerodynamische Verbesserungen, wie anders geführte Leitbleche oder die Abdichtungen von Übergängen beispielsweise zwischen Kühler und Fahrerhaus. Praktisch ist die Drehkurbel für die Änderung des Neigungswinkels des Dachwindabweisers, die der Chauffeur nun auf der Fahrbahn stehend erreicht.

Ob der geballten Technik in Antriebsstrang und Aerodynamik hat DAF den Fahrer nicht vergessen. Die Kabine wurde durch andere Oberflächenmaterialien und ein neues Instrumentenlayout aufgewertet, ebenso durch neue Farben und eine effizientere und völlig neue Innentemperaturregelung. Dank des niedrigeren Drehzahlniveaus fällt auch der Geräuschpegel im Innern hörbar geringer aus. Rückblickend kann der Entscheid der Jury, der aktuellen Ausgabe von DAF XF und CF den Titel «Truck of the Year 2018» zu verleihen, nochmals bekräftigt werden.

DAF XF480 FT 4×2

  1. Konfiguration: 2-achsiger Sattelschlepper, luftgefedertes Space-­Cab-Fahrerhaus, Aero-, Beleuchtungs- und Exclusive-Paket
  2. Antriebsstrang: MX-13-Motor, 12,9 l Sechszylinder, 355 kW/483 PS bei 1600 U/min, 2350–2500 Nm bei 900–1125 U/min, Euro 6, automatisiertes 12-Gang-Traxon-Getriebe 16,69–1,00, Hinterachse 2,21, Eco-Steuerprogramm
  3. Assistenzsysteme: MX-Motorbremse 360 kW, ZF-Intarder 500 kW, Predictive Cruise Control PCC mit Eco-Roll, DAF-Connect für Flottenmanagement, Spurhaltewarnung, Notbrems- und Auffahr­assistenz/-warnung
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