Wechselbehälter eröffnet neue Möglichkeiten

HYUNDAI HYDROGEN MOBILITY Hyundai ist noch immer der einzige LKW-Hersteller, der einen Brennstoffzellenantrieb anbieten kann. Zusätzliche Aufbaulösungen erweitern nun die Einsatzmöglichkeiten.

Hyundai Xcient Fuel Cell Wechselbehälter TIR transNews
HHM hat mit Paul Nutzfahrzeuge ein System entwickelt, mit welchem der Hyundai Xcient Fuel Cell Wechselbehälter transportieren kann.

Mit inzwischen gut sechs Millionen Kilometern stellen die in der Schweiz im Einsatz stehenden Wasserstofflastwagen von Hyundai eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte dar. Die aktuell 47 Fahrzeuge sind bei den Transportunternehmungen und Grossverteilern täglich im regulären Logistikeinsatz und stellen damit sicher, dass sich der Wasserstoffkreislauf des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz problemlos weiterdreht.

Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine haben sich die Verhältnisse des sorgfältig austarierten H2-Kreislaufs stark verändert, was vor allem darauf  zurückzuführen ist, dass sich der Strompreis, an den die Herstellung von Wasserstoff direkt gekoppelt ist, teilweise mehr als verzehnfacht hat. Gleichwohl sind die Unternehmungen nicht abgesprungen. Man war sogar bereit, einen Härtefallzuschlag auf den getankten Wasserstoff zu bezahlen, damit das für die Wasserstoffherstellung zuständige Joint Venture Hydrospider finanziell nicht zu stark in Mitleidenschaft gezogen wird.

Hyundai Xcient Fuel Cell TIR transNews
Der Tankrahmen war notwendig, weil bei einem Wechselbehälter die Tanks nicht am Aufbau befestigt werden können. Der Rahmen ist massiv konzipiert, damit er zuverlässig frei steht.

Allerdings hatte der Energiepreisanstieg Auswirkungen auf den Roll-out neuer, zusätzlicher Lastwagen. Letzten Oktober erklärte Beat Hirschi, CEO von Hyundai Hydrogen Mobility (HHM), gegenüber TIR transNews: «Die Strom- und damit die Wasserstoffpreise sind wegen der Auswirkungen des Krieges so stark gestiegen, dass wir das Pay-per-use-Modell für neue Lastwagen vorübergehend nicht weiter ausbauen können.» Aktuell sind die Preise zwar auch wieder deutlich gesunken, doch ist die Volatilität unverändert hoch, weshalb an eine Rückkehr zur «Normalität» von vor dem Krieg noch nicht zu denken ist. «Wir arbeiten unter Hochdruck daran, Lösungen zu finden, die eine stabile Kostenbasis schaffen, um potenziellen Kunden die nötige Investitionssicherheit bieten zu können», erklärt Hirschi heute.

Neue Trucks, neue Aufbauten
Vorgestellt wurden in TIR transNews die weiterentwickelten Lastwagen von Hyundai Mitte des letzten Jahres und eigentlich wären sie in der Schweiz hochwillkommen. Vor allem die 6×2-Version mit der höheren Nutzlast fände über Kühltransporte hinaus guten Zuspruch. So rechnet Hirschi denn auch, dass bei neuen Pay-per-use-Verträgen hauptsächlich Dreiachser in der Schweiz anrollen werden. «Die Fabrikation des Werks in Korea ist bereit und wir könnten Lastwagen innerhalb von sechs Monaten auf die Strasse bringen, die Aufbaumontage inklusive.» Auch liesse sich die Produktionskapazität locker auf 2000 H2-LKW/Jahr ausbauen.

Hyundai Xcient Fuel Cell TIR transNews
Der Zapfstutzen ist beim neuen Stand-alone-System ähnlich positioniert wie bei den ersten 47 Fahrzeugen mit festem Anbau.

In Logistikkreisen sind Wechselbehälter von grosser Bedeutung, entsprechend hat HHM weiter daran gearbeitet, die dafür nötige Lösung zu entwickeln. Bei den aktuell
verkehrenden Lastwagen sind die Tanks fest am Aufbau montiert, damit sich die Kabine ungehindert nach vorne kippen lässt. Mit Blick auf die Wechselbehälter wurde nun eine Stand-alone-Lösung entwickelt, mit einem eigenen Tankgerüst. Dafür hat HHM mit dem namhaften Fahrzeugentwickler Paul Nutzfahrzeuge zusammengearbeitet. Der versierte Betrieb im niederbayrischen Vilshofen hat auch andere OEM als Kunden und entwickelt selbst Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, beispielsweise den mittelschweren Wasserstoff-LKW PH2P im Konsortium mit Shell und Maier-Korduletsch, oder den Bax E-Truck zusammen mit BPW Bergische
Achsen KG.

Die Stand-alone-Lösung ist jedoch nicht nur für Wechselbehälter interessant, sondern ermöglicht es auch, den Xcient Fuel Cell mit Kranaufbauten für den Baustellenbetrieb zu realisieren. Dabei dürfte vor allem der Kran am Heck auf Zuspruch stossen, denn ein Kran nahe dem Fahrerhaus wäre durch das Tankgerüst in seinem Bewegungsfeld eingeschränkt. Zusätzlich lassen sich auch herkömmliche Aufbauten einfacher umsetzen, da mit dem Stand-aloneRahmen die Aufbaumontage etwas weniger komplex ist.

Hyundai Xcient Fuel Cell Wechselbehälter TIR transNews
Die Stand-alone-Tankbefestigung erleichtert generell die Suche nach Aufbaulösungen.

Expansion nach Europa
Wie von Beginn weg im Projekt von HHM dargelegt, will Hyundai mit den Wasserstoff-LKW auch nach Europa expandieren. Ein erster Schritt wurde in Deutschland gemacht, wo zum jetzigen Zeitpunkt bereits rund 15 Lastwagen im Einsatz stehen, bis im Frühling werden es gut 30 Stück sein. «Das Potenzial in Deutschland beträgt bis Anfang des kommenden Jahres 100 bis 200 Lastwagen», erklärt Beat Hirschi. Anders als in der Schweiz laufen die Lastwagen in Deutschland nicht in einem Pay-per-use-Modell, sondern werden an die Kunden verkauft. Die staatliche Förderung übernimmt dabei 80 Prozent des Mehrpreises gegenüber einem vergleichbaren Diesel-LKW. Zudem steht Deutschland bezüglich der Energiepreisentwicklung insofern besser da, als eine Energiepreisbremse in Kraft ist – davon können Schweizer leider nur träumen.

Gespräche führt HHM auch in Frankreich, wo man gemäss Hirschi aber nicht vor Ende 2024/Anfang 2025 mit konkreten Auslieferungen rechnen dürfe. Diverse Konsortien wünschten eine Lieferzusage von HHM, denn um Fördergelder für den Infrastrukturaufbau zu erhalten, müssten auch Brennstoffzellenlastwagen im Projekt enthalten sein. In Österreich und in den Niederlanden laufen ebenfalls konkrete Gespräche. In unserem östlichen Nachbarland dürfte das staatliche Förderprogramm noch in diesem Frühling bereitstehen, weshalb HHM dann auch mit konkreten LKW-Bestellungen rechnet. Auslieferungen dürften noch in diesem Jahr, spätestens aber 2024 anstehen.

Hyundai Xcient Fuel Cell TIR transNews
Gerüst und Tanks sind gut erkennbar, rechts im Bild die Mechanik zur Abfertigung des Wechselbehälters.

In den Niederlanden ist die Infrastruktur bereits weit fortgeschritten, doch fehlt noch das Förderprogramm für die Lastwagen. Und ohne Fördergelder geht der H2-TruckBetrieb finanziell für die Transporteure nicht auf. Beat Hirschi: «Holland ist eigentlich gut aufgestellt. Daher kann es dann plötzlich sehr schnell gehen, wenn das Förderprogramm steht.»

Visited 174 times, 1 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema