Wie soll autonomes Fahren auf der Autobahn aussehen?
DIGITALISIERUNG Autonomes Fahren ist auch MAN ein wichtiges Anliegen. Mit seinem neusten Forschungsprojekt ATLAS-L4 sollen die Rahmenbedingungen erforscht und definiert werden, die sicheres autonomes Fahren auf der Autobahn ermöglichen.
Hinter dem knackigen Kürzel ATLAS-L4 steckt eine lange, aber aufschlussreiche Projektbezeichnung: Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstrassen im Level 4. Seit nunmehr fast zwei Jahren arbeitet ein breit abgestütztes Konsortium (siehe unten) daran, Grundlagen zu schaffen, um den fahrerlosen LKW auf fest definierten Strecken unter einer technischen Aufsicht zu realisieren.
Bei der Zwischenbilanz meint Frederik Zohm, Vorstand Forschung und Entwicklung bei MAN: «Mit ATLAS-L4 wird bald erstmals ein autonom fahrender Truck auf einer Autobahn in Deutschland unterwegs sein.» Mit «bald» war damals noch im 2023 gemeint, was seither auch bereits der Fall sein könnte. «So wollen wir zur Hub-to-Hub-Automatisierung (= fahrerloses Pendeln zwischen Logistikhöfen) und damit zu mehr Sicherheit, mehr Effizienz und weniger Staus auf den Strassen beitragen.» Zohm ist zudem überzeugt, dass auch dem Fahrermangel mit Automatisierungskonzepten begegnet werden könne.
Autonomes Fahren auf der Autobahn, Stand heute
MAN trägt übrigens die Projektverantwortung für die Gesamtsystementwicklung. Inzwischen wurde ein Prototypenfahrzeug aufgebaut, das an mehreren Aussensensoren an der Kabine zu erkennen ist und mit diversen Rechnern im Innern bestückt wurde. Im ersten Schritt dient es als Sensorfahrzeug zur Sammlung von Daten, bevor mit ihm die Funktionsentwicklung für das autonome Fahren u.a. mit ersten Testfahrten auf der Autobahn (mit Sicherheitsfahrer) beginnt. Die ersten Kilometer hat das Fahrzeug bereits auf dem MAN-Testgelände erfolgreich zurückgelegt. Erstmals haben die Komponenten miteinander kommuniziert und erstmals haben die Sensoren eine realitätsgetreue Umfelderkennung vorgenommen. Und auch die für die Level-4-Architektur sicherheitsrelevanten Subsysteme Bordnetz, Lenkung und redundantes Bremssystem wurden bereits in ersten Musterständen erfolgreich erprobt.
Auch das Control Center für die technische Aufsicht wurde im September 2023 erfolgreich in Betrieb genommen und die Verbindung zum Fahrzeug installiert. Das Web-Interface stellt nun das Fahrzeug auf einer Karte mit allen relevanten Informationen wie Geschwindigkeit und Automatisierungsstatus dar. Des Weiteren haben MAN und das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AISEC) die projektbegleitende Risikoanalyse für das Fahrzeug erfolgreich durchgeführt. Auf dieser Grundlage wurden Cybersecurity-Massnahmen wie authentische und verschlüsselte Kommunikation sowie funktionale Sicherheitsmassnahmen wie Redundanzen und Degradationskonzepte für das autonome Fahrsystem definiert. Dabei werden Angriffs- und Ausfallszenarien durchgespielt und entsprechende Schutzkonzepte entwickelt.
Langfristiges Ziel
Mit dem Ersteinsatz auf öffentlichen Strassen wird ATLAS-L4 aber nicht beendet sein, sondern läuft bis Ende 2024 weiter. Mit ihm soll bewiesen werden, dass der Einsatz von fahrerlosen Fahrzeugen auf der Autobahn machbar ist. Die Partner sehen ATLAS-L4 als Grundstein für künftige Serienanwendungen für eine Logistik 4.0. Am Ende von ATLAS-L4 soll ein industrietaugliches Konzept für den Betrieb automatisierter LKW für autonomes Fahren auf der Autobahn vorliegen.
Die ProjektPartner
Neben MAN Truck & Bus sind folgende Firmen an ATLAS-L4 beteiligt: Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Fraunhofer AISEC, Technische Universität München, Technische Universität Braunschweig, TÜV SÜD, Autobahn GmbH und das Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH).