Sicherung der Ladung ist nicht gleich Ladungssicherung
LADUNGSSICHERUNGS-SYMPOSIUM Was gibt es Neues in der Ladungssicherung? Verschiedene Referenten aus dem In- und Ausland zeigten am Ladungssicherungs-Symposium die Entwicklungen bei der Ladeeinheitenprüfung, beim Fahrzeugbau sowie beim Sichern spezieller Ladegüter auf.
Für die gehörige Verpackung ist der Absender verantwortlich. Doch bildet die Ware auf der Palette auch eine genügend stabile Ladeeinheit, welche den Kräften im Strassenverkehr standhält? «Um diese zu überprüfen, gibt es verschiedene Testmöglichkeiten», erklärt Wolfgang Neumann von der Eurosafe GmbH. Einerseits gibt es den Test nach EUMOS 40509, wo die Ladeeinheit dynamisch auf einem Schlitten in einem Prüflabor getestet wird. Andererseits liegt seit Dezember 2018 die im Entwurf vorhandene prEN 17321 vor. Darin werden drei mögliche Prüfungen beschrieben. Die statische Neigungsprüfung nach der EN 12195-1:2010. Dazu wird die Palette einseitig auf einen Winkel von 28° (0,5 g) angehoben. Hält die Ladeeinheit bei diesem Winkel fünf Sekunden, ohne zu versagen, stand, gilt der Test als bestanden. Das heisst jedoch noch lange nicht, dass sie auch den dynamischen Test im Labor oder den dynamischen Fahrtest nach der EN 12642 besteht. Wenn eine Ladeeinheit aber statisch bereits durchfällt, muss dynamisch nicht getestet werden, die Prüfung gilt sowieso als nicht bestanden. Ladeeinheitentests werden vom DTC in Vauffelin durchgeführt.
Sicherung instabiler Ladungen Fahrzeugaufbauten mit Schiebeplanen nach der EN 12642 Code XL sind zwar stark genug, aber für Ladungen wie Teppiche oder Reifen nicht stabil genug. Durch das Setzen der Ladung während der Fahrt wird das Fahrzeug bis zu 2,90 Meter breit. Deshalb hat die EWALS Cargo Care unter der Leitung von Bart van Rens und unter der Mithilfe von Trailerherstellern versucht, den Aufbau stabiler zu machen. Dazu wurden die seitlichen Planen mit vertikalen Aluminium- und Plastiklatten verstärkt und mit je zwei horizontalen Gurten mittels Ratschen nach innen vorgespannt. Geboren war der XLS-Trailer mit der notwendigen Stabilität auch für instabile Ladungen. Der Aufbau hat aber noch weitere Vorteile: kürzere Ladezeiten durch weniger Ladungssicherung, keine losen Teile (Einstecklatten) und durch die Aluminiumlatten sogar einen gewissen Diebstahlschutz.
Sicherung von Betonfertigteilen Für Artur Schöpgens, Polizeihauptkommissar aus Deutschland, beginnt die Ladungssicherung von Betonfertigteilen mit einem Besen respektive einem sauberen Ladeboden. Da die Reibbeiwerte von 0,3 bis 0,4 μ (Beton resp. Holz) schwanken, sind rutschhemmende Matten zu empfehlen. Dazu gibt es spezielle grau gemusterte Matten, welche auch nicht abfärben und einen Reibbeiwert von 0,6 μ erreichen. Wird die Ladungssicherung durch Niederzurren durchgeführt, zieht man am besten die Ladeempfehlung von Syspro, www.syspro.de, zurate. Darin wird beschrieben, wie viele Zurrmittel dann für welches Ladungsgewicht gebraucht werden. Wegen der scharfen Kanten sind unbedingt Kantenschutzwinkel zu verwenden. Wenn nach vorne Formschluss durch Rungen besteht oder mittels Kopfschlinge bewerkstelligt wurde, müssen deutlich weniger Zurrmittel aufgewendet werden.
Anforderungen an Kantenschutzwinkel Markus Kiesel von der Firma SpanSet zeigte die Eigenschaften von Kantenschutzwinkeln auf, welche den Gurt vor scharfen Kanten schützen. Dabei gilt eine Kante als scharf, wenn der Kantenradius kleiner als die Dicke des Zurrmittels ist. Als Faustregel gilt auch, wenn der nackte Ellenbogen an der Kante unangenehm ist. Kantenschutzwinkel müssen zudem die Ladung vor Beschädigungen durch hohe Vorspannkräfte schützen und die Vorspannkräfte möglichst ohne Reibverluste auf die andere Seite weiterleiten, damit der k-Wert so hoch wie möglich bleibt. Die Entwicklung eines neuen Kantenschutzwinkels läuft dabei immer gleich ab. Die Prototypen werden im hauseigenen Labor geprüft, und beim abschliessenden Praxistest wird das Kundenbedürfnis berücksichtigt. Das Zertifikat belegt dann die Eignung für beispielsweise Papierrollen.
Einfluss von Vorspannkraft und Reibung Der Sachverständige Rolf Dänekas macht Fahrversuche auch mit einem 93 Tonnen wiegenden Transformator. Die Berechnungen und Praxisversuche zeigen wichtige Punkte auf, welche bei der Direktsicherung zu beachten sind. So addiert sich die eingeleitete Vorspannkraft bis zu 100 Prozent je nach Reibbeiwert und Gewicht der Ladung und sollte deshalb bei der Berechnung in der Formel berücksichtig werden (FT). Ein Verdrehen der Ladung ist selbst bei symmetrischer Schwerpunktlage nicht auszuschliessen. Einerseits weil die Ladung nicht exakt mittig positioniert werden kann und andererseits weil die Vorspannkräfte nicht exakt eingeleitet werden können. Zudem ist die Haftung der Räder links und rechts (u.a. seitliches Gefälle) nicht gleich. Darum sollte die Ladungssicherung beim Direktzurren nicht zu knapp bemessen werden. Auch sollten nach jeder starken Bremsung die Zurrmittel gelöst und wieder gleichmässig gespannt werden, um eine Überbelastung zu vermeiden.
Fahrzeuge sichern Pro Tag sind in Europa rund 18’000 Fahrzeugtransporter unterwegs, erklärte Markus Otremba vom TÜV Süd. Fahrzeuge können an der gefederten (Karosserie) oder ungefederten (Räder) Masse gesichert werden. Die Abschleppösen sind nicht zur Sicherung gedacht, vor allem nicht bei Zurrwinkeln von 45 Grad. Auch die Karosserie ist selbst mit Zurrpunkten ungeeignet, da durch Ein- und Ausfedern ständig die Gurten be- und entlastet werden. Es bleiben die Räder. Doch auch hier können Fehler gemacht werden. Die Felge als Zurrpunkt ist ungeeignet, selbst mit marktüblichen Schlingen, denn sie können ABS-Sensoren und Bremsschläuche beschädigen oder Radlagerschäden hervorrufen. Wirkungsvoll gesichert werden Fahrzeuge mit Radvorlegern und etwaigen Mulden; beide sind in Verbindung mit einem Drei-Punkte-Zurrgurt zu verwenden. Die Studie zum Fahrzeugtransport «Grundlagenforschung Ladungssicherung» kann beim TÜV Süd angefordert werden.
Praxis der Unterwegskontrolle 2014/47/EU Die Richtlinie gilt in der EU seit dem 20. Mai 2018 und ist entstanden, damit die Schwerverkehrskontrollen (Fahrzeugzustand, Ladungssicherung) in Europa nach demselben Muster und identischen Vorgaben ablaufen. Sie ist auch entstanden, um die Industrie mehr in die Verantwortung zu nehmen und um den Fahrer damit zu entlasten. Doch setzt die Richtlinie spezifische Kenntnisse des Polizisten voraus, wie der polizeiliche Ladungssicherungsspezialist Holger Lemmer (NRW) erläutert. So ist im Anhang III auch die Transportverpackung genannt, wenn sie keine ordnungsgemässe Sicherung der Ladung bietet. Die Mängelbewertung reicht von «Gering» bis «Erheblich» oder «Gefährlich» und ist nach Ermessen des Prüfers einzustufen. Dies erfordert vom Kontrollbeamten eine hohe Materialkenntnis. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn die Ladeeinheit nach Vorgaben (z.B. prEN 17321) getestet und gekennzeichnet wäre. Auch der unter Punkt 20.2.1.1 aufgeführte erhebliche Mangel bei der kraftschlüssigen Sicherung, bei welcher die erforderlichen Sicherungskräfte nicht erreicht werden, setzen beim Polizisten umfassende Sachkenntnis voraus. Dies ist insofern von Bedeutung, als bei einem schwerwiegenden oder gefährlichen Mangel dieser erst behoben werden muss, bevor das Fahrzeug wieder auf die Strasse darf.